Prozessoptimierung der technischen und kaufmännischen Betriebsführung

Daniel Schauer

Betreiber von Windenergieanlagen (WEA) kämpfen mit einer Reihe von Herausforderungen, die über den rein technischen Betrieb der Anlagen hinausgehen. Dabei steigen die Ansprüche an die Betriebsführung, sowohl in technischer als auch in kaufmännischer Hinsicht. Die technische und kaufmännische Betriebsführung verbindet die Interessen der Eigentümer eines Windparks mit den technischen und organisatorischen Erfordernissen der Betriebsführung für den jeweiligen Betreiber. Eine wichtige Schnittstelle, geht es doch darum, das technisch mögliche mit dem wirtschaftlich notwendigen in Einklang zu bringen. Der folgende Beitrag befasst sich mit den Herausforderungen bei der technischen und kaufmännischen Betriebsführung und der Optimierung und Automatisierung der dahinter liegenden Prozesse.

Prozessoptimierung – Eine Definition

Was versteht man unter Prozessoptimierung? Rein strukturell unterscheidet sich die Definition im Bereich von Windkraftanlagen und Windparks nicht von der in anderen Bereichen. Neben Prozessoptimierung spricht man in einer modernen, prozessorientierten Organisation auch von Business Process Reengineering, Prozessmanagement oder Prozessverbesserung.

Damit Unternehmen möglichst effizient wirtschaften und qualitativ hochwertig produzieren, müssen organisatorische und technische Prozesse ineinander greifen. Unnötigen Aufwand an Zeit, Arbeit oder Personal gilt es zu vermeiden. Wie in vielen anderen Branchen auch sind die Prozesse in der Energiewirtschaft oft organisch gewachsen. Neue Anforderungen, gesetzliche Grundlagen, technische Richtlinien beeinflussen die bestehenden Prozesse, die Komplexität wächst und macht sie potenziell ineffizient und fehleranfällig. Es ist also sinnvoll, sich diese Prozesse im Hinblick auf ihr Optimierungspotenzial genauer anzusehen. Dazu identifiziert man zunächst die Wichtigsten unter ihnen, denn das sind wahrscheinlich diejenigen, die von neuen Anforderungen und Richtlinien am stärksten betroffen sind. Die Prozesse werden zunächst dokumentiert. Die Ist-Analyse nimmt Schwachstellen auf und skizziert mögliche Auswirkungen. Dabei werden Arbeitsabfolgen und Zuständigkeiten genauso unter die Lupe genommen wie die unterstützenden Systeme. Auf dieser Basis erschließt die Analyse das Optimierungspotenzial, aus dem man anschließend einen erwünschten Soll-Zustand ableitet.

Oftmals entscheiden Unternehmen sich an dieser Stelle dafür, zunächst nur einige der Prozesse situativ zu optimieren. Etwa indem man die wichtigsten Schwachstellen beseitigt und die dazu notwendigen technischen und organisatorischen Maßnahmen definiert und umsetzt: die Zuständigkeiten besser regeln und dokumentieren, neue IT-Funktionalitäten oder – Systeme nutzen oder ergänzende Konsistenzprüfungen durchführen. Manchmal ist es allerdings notwendig, beispielsweise mithilfe von (IT-)Systemen, komplette Prozesse neu zu gestalten. Um sicherzustellen, dass die dokumentierten und gegebenenfalls bereits optimierten Prozesse mit der betrieblichen Realität übereinstimmen, sind (extern durchgeführte) Zertifizierungen Teil einer langfristigen Qualitätssicherung. Dazu gehört, alle Prozesse kontinuierlich zu überwachen und zu optimieren.

Anforderungen an die technische Betriebsführung – Die Top 10

Beim Betrieb von erneuerbaren Energieerzeugungsanlagen rückt die Rentabilität zunehmend in den Vordergrund. Um für Investoren attraktiv zu sein, kommen Betreiber nicht umhin möglichst hohe Renditen zu erzielen. Das ist das Einsatzgebiet der technischen Betriebsführung, die dazu verschiedenen Methoden und Maßnahmen benutzt.

Die technische Betriebsführung befasst sich ihrer Definition nach mit sämtlichen Aufgaben, die für einen technisch einwandfreien Zustand der Windenergieanlage maßgeblich sind. Dazu sind viele verschiedene Leistungen notwendig, die ein Betreiber täglich im Rahmen der technischen Betriebsführung erbringen muss, wie etwa Vorsorgemaßnahmen (durch regelmäßige Begehungen und Sichtinspektionen), aber auch technische Checks im Rahmen von Wartungsmaßnahmen. Um Störungen oder potenziell folgenschwere Ausfälle zu vermeiden, werden sämtliche relevante Betriebsparameter überwacht. Das Monitoring erfolgt über eine Fernüberwachung mittels einer geeigneten Software, mit deren Hilfe der Betreiber im Störungsfall rasch reagieren kann. Das umfassende Ziel der technischen Betriebsführung ist es, den Windparkbetrieb zu optimieren und gleichzeitig die Kosten zu senken. Also Schäden frühzeitig zu erkennen und zu beheben, bevor teure Ausfallzeiten sich negativ auf den zu erwartenden Ertrag auswirken.

Maßgeblich für den Betrieb und die Instandhaltung einer Anlage ist unter anderem die TR7, die Technische Richtlinie 7 der FGW. Die im Einzelnen betroffenen Bereiche und Aufgabengebiete des technischen Betriebsführers sind:

  1. Inspektion und Sichtkontrolle
  2. Anlagenbegehungen
  3. Überwachung und Überprüfung
  4. Instandsetzung (inklusive Verbesserungen)
  5. Mängel und Schäden dokumentieren
  6. Koordination von Service- und Wartungsarbeiten
  7. Optimierung der Anlagenanbindung
  8. Monitoring der Einhaltung des BImSchG
  9. Gefährlicher Zustand
  10. Performanceanalysen

Besonderes Augenmerk liegt auf den Prozessen, die dazu dienen die Anlage kontinuierlich zu überwachen und zu überprüfen. Dazu gibt die TR7 entsprechende Kriterien an die Hand. Diese beziehen sich dann kleinteilig auf die unterschiedlichen Funktionsklassen und die zugehörigen Elemente. Das sind beispielsweise diejenigen Elemente der Klasse E (Kühlen, Heizen, Beleuchten, Strahlen) oder F (Schützen, Sichern, Verhindern, Bewachen) oder U (Lagern, Tragen, Halten, Stützen). Stellen sich bei einer Überprüfung Mängel oder sogar Schäden heraus, wirkt sich das auf die Zustandsnote im Rahmen der Anlagendokumentation aus.

Technische Betriebsführung optimieren – Vorausschauende Instandhaltung

Um den Zustand der Anlagen zu überwachen ist ein komplexes System unterschiedlicher Hardware- und Softwarekomponenten nötig. Allein deshalb, weil jeder Hersteller ein eigenes Portal zur Anlagenüberwachung anbietet. Unter dem Druck der technischen Richtlinien und sich wandelnder Markterfordernisse, ist eine Lösung hilfreich, die es erlaubt mit den verschiedenen Schnittstellen der unterschiedlichen Hersteller zu kommunizieren. Im Idealfall ist die Lösung skalierbar und wächst mit – je nach dem welches Betreiberprofil zugrunde liegt und ob in Zukunft weitere Erzeugungseinheiten dazu kommen sollen. Eine solche Softwarelösung wie das „energy service portal“ liefert sekundengenaue Live-Daten rund um die Uhr, so dass im Rahmen der Überwachung keine Datenlücken entstehen. Dabei kann jede einzelne auslesbare Komponente der betreffenden Anlage ausgewertet werden. Will man beispielsweise die Stillstandzeiten minimieren oder gänzlich vermeiden, kann ein Betreiber Alarme und Fehlermeldungen individuell konfigurieren und übermitteln lassen. Auf dieser Grundlage ist es möglich, den betreffenden Hersteller schneller als bisher über Wartungsfälle zu informieren (auch direkt an den Support gerichtet) und es ist mittels smarter Datenauswertung sogar möglich Prognosen für Ausfälle zu treffen.

Heutzutage wollen Betreiber nicht darauf warten bis eine Komponente ausfällt oder sie einfach „auf Verdacht“ auswechseln. Deshalb misst man dem Thema „Predictive Maintenance“ einen hohen Stellenwert zu. Die Kosten für Wartung, Inspektion, Instandhaltung und Instandsetzung von Windparks können bis zu einem Viertel der Gesamtkosten ausmachen. Ein nicht ganz unerheblicher Faktor. Innerhalb eines Predictive Maintenance-Ansatzes werden die wichtigsten Komponenten im Hinblick auf ihre Ausfallwahrscheinlichkeit im Zeitverlauf untersucht. Das allein reicht allerdings nicht. Die Ergebnisse für die einzelnen Komponenten müssen anschließend bewertet werden und zwar dahingehend welchen Einfluss sie auf die generelle Verfügbarkeit der Anlage und deren Rentabilität haben. Daraus lässt sich dann der optimale Instandhaltungszeitpunkt ableiten, was Instandhaltungskosten senkt und Ausfallzeiten in der Folge minimiert. Dazu werden beispielsweise die Leistungskurve und die Betriebsmittel kontinuierlich überwacht (bei letzterer zum Beispiel UW-Überwachung und Trafoauslastung). Um Wartungseinsätze besser zu planen, wird die Überwachung an meteorologische Daten angebunden. Diese direkte Anbindung trägt außerdem dazu bei, die Ertragsprognosen zu verbessern.

Eine Schlüsselkomponente ist die moderne zentrale Leittechnik kombiniert mit einer dezentralen Plattform. Dezentral aufgestellte Service-Portale haben einige Vorteile für Anlagenbetreiber, liefern aber auch dem Service-Techniker vor Ort wertvolle Daten aus der Anlagenhistorie. Er kann etwa über eine zentrale Applikation in der Leitwarte auf sämtliche Sekundendaten der angeschlossenen Windmühlen zugreifen, Daten vergleichen und gemäß seinen Bedürfnissen auswerten. Auf diese Weise kann er zurückliegende Störungen für alle Windmühlen durchgängig analysieren. Dazu muss er sich nicht mehr mühsam auf jede einzelne Turbine einwählen, die Daten erfassen und diese dann aufwendig manuell zueinander in Beziehung setzen, um überhaupt eine Prognose treffen zu können.

Dazu kommen weitere Vorteile gerade für die Betreiber von Mischparks, die über ein zentrales Service-Portal sowohl die technischen als auch die wirtschaftlichen Parameter abfragen, steuern und vor allem analysieren können. Betreiber greifen on-demand auf die jeweiligen Daten zu, unabhängig davon, ob es sich um Echtzeitdaten, historische Daten oder Konfigurationsdaten handelt. Das ist besonders dann hilfreich, wenn es sich um Anlagen/Parks handelt, die geografisch weit auseinanderliegen. Gerade Betreiber kleiner und mittlerer Windparks (oder eben Mischparks) profitieren, weil sie so verschiedene Anforderungen zentral abbilden und steuern können.

Die kaufmännische Betriebsführung – Die Top 10

Betreiber von Windenergieanlagen kämpfen mit einer Reihe von Herausforderungen, die über den rein technischen Betrieb der Anlagen hinausgehen. Im Idealfall verbinden die technische und kaufmännische Betriebsführung das technisch mögliche mit dem wirtschaftlich rentablen. Hat man sich beispielsweise ein Mal für bestimmte technische Maßnahmen entschieden, hat das unmittelbar kaufmännische Folgen.

Zu den Aufgaben eines kaufmännischen Betriebsführers zählen unter anderen:

  1. Das komplette Verwalten der Anlage
  2. Das Erheben verlässlicher Betriebsdaten, die er – wenn möglich – nicht erst durch aufwendige Einzelauswertungen erheben muss
  3. Die Beratung rund um Verträge und Vereinbarungen
  4. Die Abwicklung des Zahlungsverkehrs
  5. Die Finanzbuchhaltung & Umsatzsteuervoranmeldung
  6. Die Abrechnung & Abwicklung für die Vergütung des eingespeisten Stroms und der Betriebskosten
  7. Die Gewinn- und Verlustberechnung und das Erstellen der Jahresbilanz
  8. Die Zusammenarbeit mit dem Steuerberater sowie den Banken und Investoren, inklusive finanzieller Vorplanungen
  9. Das Vorbereiten der Anlage für wiederkehrende Prüfungen
  10. Das Berichtswesen, inklusive zielgruppengerecht aufbereiteter Ergebnisse des Condition-Monitoring-Systems

Kaufmännische Betriebsführung optimieren

Moderne betriebswirtschaftliche Software zur Anlagenverwaltung im Bereich erneuerbare Energien beantwortet die Kernfragen eines Betreibers:

  • Wie rentabel ist mein Windpark?
  • Welche Art von Fehlern und Störungen treten am häufigsten auf?
  • Welche Art von Reparaturmaßnahmen sind notwendig (geworden)?
  • Greifen die getroffenen Maßnahmen, um den Anlagenbetrieb zu optimieren oder muss ich nachjustieren?

Und schließlich: Wie verhalten sich Komponenten unterschiedlicher Hersteller beziehungsweise verschiedene Anlagentypen, wenn man sie im Hinblick auf unterschiedliche Parameter (Leistung, Verfügbarkeit, Störanfälligkeit, Rentabilität) miteinander vergleicht?   Software-Systeme für Anlagenbetreiber gibt es einige, wenn auch mit unterschiedlichen Leistungsmerkmalen beziehungsweise Vor- und Nachteilen. Es gibt sie als Komplettsysteme (sie kommen dann mit ihrer eigenen IT-Infrastruktur) oder als reine Software-Pakete mit verschiedenen Modulen und Funktionalitäten. Oft übernehmen sie eine Doppelfunktion: Sie sind einerseits Betriebsführungssoftware, anderseits überwachen und steuern sie technische Prozesse mittels eines Computer-Systems, allgemein als SCADA, Supervisory Control and Data Acquisition, bezeichnet. SCADA-Systeme kommunizieren heutzutage über TCP-basierte Internettechnologien und implementieren typischerweise eine verteilte Datenbasis beziehungsweise verschiedene Datenpunkte. Das prädestiniert sie für die Big Data der Erneuerbare-Energien-Anlagen.   Optimierungspotenzial ist jedenfalls ausreichend vorhanden. So sind SCADA Systeme wie beispielsweise das energy service portal in der Lage, Anlagen verschiedene Hersteller und Typen zentral zu verwalten und zu überwachen, so dass die Energiedaten wichtige Zusatzinformationen liefern. Es lassen sich vergleichende Schadens- und Verfügbarkeitsanalysen – z.B. aus einem gemeinsamen Datenpool mit anderen Betreibern – erstellen. Dabei werden die alten Excel-Datenbanken zugunsten von verbundenen Datenbanken abgelöst und die Daten aus der technischen und kaufmännischen Betriebsführung miteinander verbunden. Die eigentliche Datenübermittlung ist automatisiert. Analysen haben gezeigt, dass zahlreiche Anlagen durchschnittlich unter der zugesagten Verfügbarkeit laufen. Selbst wenn die Abweichungen oft nur minimal sind (oder erscheinen) summieren sich die fehlenden Erträge übers Jahr betrachtet in fünfstellige Höhen pro WEA. Es wirkt sich also unmittelbar positiv aus, wenn Verwaltung, Abrechnung und Ertragsverteilung zentralisiert werden, um eine WEA so zu führen, dass sie optimal verfügbar ist und sich der Ertrag folglich erhöht.

Schlussfolgerung

Mit der Energiewende haben sich die bisherigen Versorgungsstrukturen verändert, von weitgehend zentralen, hin zu dezentralen Strukturen. Das gilt bei den erneuerbaren Energien sowohl für die eigentliche Energiegewinnung, als auch für die Art und Weise in der die Energie bereitgestellt wird. Allerdings heißt das gleichzeitig, mit benötigten Ressourcen anders umgehen zu müssen als die Betreiber großer Kraftwerksanlagen. In aller Regel halten sie nämlich die Ressourcen für die Instandhaltung, Betriebsführung, Überwachung, Kommunikation und so weiter innerbetrieblich vor. Für den Betreiber eines eher kleinen Windparks, eines Mischparks oder selbst eines Virtuellen Kraftwerks ist das nicht wirtschaftlich. Die entsprechenden Dienstleistungen, Produkte und Lösungen werden von Betreibern und Errichtern zugekauft. Der Haken an der Sache: eine Vielzahl von Beteiligten und unterschiedlichen Systemen soll miteinander kommunizieren. Und das ohne einheitlich vorgegebene Standards und in einem hoch komplexen Umfeld.

Die Leittechnik gehört in der Automatisierungspyramide zur Leitebene und erfasst alle Datenströme der untergeordneten Ebenen. Zum Beispiel werden alle Daten und Signale der Mess-, Steuer-, Schutz- und Regeltechnik zusammengefasst, um dadurch die Gesamtheit eines Prozesses steuern und überwachen zu können. Die Lösungen von ee technik sind auf der Basis von WinCC Open Architecture von Siemens entwickelt. Solche SCADA-Systeme überwachen sowohl die Anforderungen der technischen wie der kaufmännischen Betriebsführung und gewährleisten einen wirtschaftlichen und sicheren Anlagen- und Windparkbetrieb. Zu den Basisfunktionen gehören die Datenerfassung, die Visualisierung und Archivierung von Energiedaten, die Alarmierung sowie Trenddarstellungen und Zeiterfassungssysteme.

Je nach Art und Größe eines Windparks sind die Bedürfnisse eines Kunden sehr individuell. Mal sind es Windows- oder Linux-Rechner, mal eine virtualisierte Umgebung oder mobile iOS- oder Android-Endgeräte, die integriert werden sollen. Das funktioniert nur mit einer offenen und plattformunabhängigen Architektur wie dieser. Sie erleichtert es zudem, über unterschiedliche Schnittstellen die entsprechenden Geräte anzubinden und vor allem Daten automatisiert auszutauschen.

Weitere Informationen zu Unternehmen und Lösungen finden Sie unter www.eetechnik.de/unternehmen und in unserem Blog.

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